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Ruhrgebiet Landerziehungsheime - Gemeinschafts- und Versuchssch. - Gemeinschafts- und Versuchsschulen
Es gibt bisher keinen genauen Überblick, wieviele Versuchsschulen es zwischen 1920 und 1933 gab. Es ist auch schwierig, einen präzisen Begriff für Versuchsschulen zu finden, weil Schulen, die unter diesem Begriff firmieren, sehr unterschiedlich waren.
(Die Landerziehungsheime sind hier eingeschlossen - auch sie zählen als Versuchsschulen) Allgemein lässt sich formulieren, das sich um Schulen handelt, 'die sich, verglichen mit den übrigen Regelschulen, durch größere Freiheit und das Ziel der Eigenaktivität von Lehrenden und Lernenden auszeichnen. Das lässt sich an ihrer äußeren Organisation und an ihrer Unterrichtsarbeit (z.B. durch die Lehrplanfreiheit) ablesen. Sie sollten neue Formen der Schulorganisation und des Unterrichts erproben und allgemeine Schulreformen vorbereiten. Gemeinsam war ihnen eine pädagogische Bewegung wie Arbeitsunterricht, Gesamtunterricht, Gruppenunterricht, Epochenunterricht, Neigungskurse, Erziehung zur Selbsttätigkeit, Gemeinschaftserziehung, Reise- und Wanderpädagogik usw.' Das Interesse an Versuchsschulen war groß. So verzeichnen die Besucherbücher der Odenwaldschule zwischen 1910 und 1933 einen Besucherstrom von 11.500 Personen aus allen Erdteilen, zum Teil regelmäßige Besucher, darunter Ernst Barlach, Karl Barth, Martin Buber, Eugen Diederichs, Fidus, Käthe Kollwitz, Max Kommerell, Käthe Kruse, Alfred Kubin, Golo Mann, Ludwig Thoma, Karl Schmidt-Rottluff, Alfred Weber, Frank Wedekind, Karl Wolfskehl u.v.a.m. Schmidt rechnet mit 'mindestens 200 reformpädagogisch geprägten Schulversuchen 'am Ende der Weimarer Republik. Die absoluten Zahlen liegen aber vermutlich noch um einiges höher, weil eine Reihe von Reformschulen bewusst den Versuchsschulstatus abgelehnt haben. Auch enthält die Zahl von 200 Versuchsschulen nicht die weltlichen oder Sammelschulen, die oft nach reformpädagogischen Unterrichtsprinzipien gearbeitet haben.' In den Jahren zwischen 1927 bis 1932 haben sich die Zahlen der Reformschulen und Reformklassen sogar verdoppelt. Im Bereich der 'höheren Lehranstalten' ist der Statistikteil von normalerweise 120 Seiten auf 646 Seiten angewachsen. Ursache: 1390 Jahresberichte von Einzelschulen. Eine gründliche Auswertung dieser Bestände steht noch aus. Indikatoren für reformpädagogische Einflüsse an einer Schule sind Hinweise auf: Schulgemeinde, Schülerselbstverwaltung, arbeitsunterrichtliche Lehr- und Lernformen, Schulgarten, Schülerwerkstätten, Gesamtunterricht, Gruppenunterricht, Arbeitsgemeinschaften, Studientage, gegenseitige Unterrichtsbesuche von Lehrern, schülernahe Architektur, Schulfeste und Monatsfeiern, Schülerzeitungen, Schülertheater, Wandertage, Schullandheimaufenthalte, Auslandsstudienreisen. Gegen Versuchsschulen kämpften 'reaktionäre Kräfte - das bürgerliche Lager und die konfessionellen Gruppen. Menschen, die zwar Veränderungen anstrebten, aber die Demokratie ablehnten (vgl.: Bast, Roland: Konservative Revolution (2013), in: W. Keim, U. Schwerdt: Handbuch der Reformpädagogik in Deutschland, S. 109-133) wandten sich vehement gegen die 'neuen Methoden' und gegen jede demokratische Veränderung in Unterricht und Schulleben.
Man wollte sich auf der einen Seite von der 'Sozialdemokratie' und vom 'leninistischen Bolschewistmus', aber ebenso vom 'historisch überlebten Hohenzollernreich abgrenzen und so neue 'verbindliche Sinnhorizonte' finden. (S. 110) In der 'konservativen Revolution' waren die Völkischen, die Jungkonservativen, die Nationalrevolutionären, die Bündischen und das Landvolk geeint durch eine gemeinsame Frontstellung gegen Aufklärung, Rationalismus, Liberalismus, parlamentarische Demokratie und ein als autonom gedachtes Subjekt. Die Volksgemeinschaft war ein organisches Ganzes. Sie lebte vom 'unmittelbaren Zugehörigkeitsgefühl' ihrer Mitglieder. Der 'kollektive Geist' der Volksgemeinschaft weiß immer schon, was für ihn wichtig ist und was nicht. (S. 111) Dieses 'Wissen' ist jedoch in keiner Weise demokratisch legitimiert. Von entscheidender Bedeutung für diese Menschen waren die Kameradschaftserlebnisse aus Schützengräben und Fronterlebnissen. Diese Erlebnisse "der Kameradschaft der Frontsoldaten vermittelte das Erlebnis einer von Grund auf unbürgerlichen Lebenshaltung" (S. 114). Es zählte vor allem die Geschlossenheit der Gruppe und die Gehorsamshaltung gegenüber dem Gruppenführer. (S. 112) Inwieweit diese Gründe in jeweiligen Einzelfall zutreffend waren oder nicht, kann nicht nachgeprüft werden. Möglicherweise waren Kinder, die diese Schulen besuchten, zu Hause dann einfach 'unbequemer', schwerer zu lenken. Man denke nur daran, dass in den 'Neuen Schulen' die 'Prügelstrafe' verpönt war, sie im elterlichen Erziehungsbereich erst 2000 (!) gesetzlich verboten wurde. Das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung ist in Deutschland im BGB festgeschrieben (BGB § 1631.2). In der Schweiz werden heute noch Körperstrafen an Kindern als "gesetzlich erlaubte Handlung" im Sinne von Artikel 14 des Strafgesetzbuches gewertet. In Österreich wurde 1977 das Elternrecht abgeschafft, "unsittliche, ungehorsame oder die häusliche Ordnung störende Kinder auf eine nicht übertriebene und ihrer Gesundheit unschädliche Art zu züchtigen." Explizit verboten wurde die Prügelstrafe 1989. Quellen: |