Was war eigentlich vorher?
Was war vorher - Die alte Schule - VorläuferPlaton - A. Augustinus - Erasmus v. Rotterdam - J. A. Comenius
Vorläufer der Reformpädagogik
Skiera (Reformpädagogik, München, 2003) zeichnet für die Antike dieses Bild der 'alten Schule':Die Kontinuität der 'alten Schule'
"Lernen war ein Prozess des Drillens und des Memorierens, keineswegs gemildert durch Appelle an das Urteilsvermögen, an unabhängiges Denken und Originalität. Die Disziplin der Schule war offensichtlich hart. Wie bei den Hebräern sollte das Kind nicht durch einen sparsamen Gebrauch der Rute verwöhnt werden: 'Die Ohren eines Jungen sind auf seinem Rücken, er hört, wenn er geschlagen wird.' fasst das disziplinäre Argument der Pädagogen Ägyptens zusammen." (Skiera, S. 31)
Platon
Doch schon bei Platon findet sich ein Aufruf zur Mäßigung. Er will zumindest, dass die Strafen 'das Ehrgefühl nicht verletzen'. Er vertritt die Ansicht, dass zu viel Strafe 'einen niedrigen, unfreien und menschenfeindlichen Gesinnung schaffen und für das Zusammenleben untauglich mache'. Er empfiehlt eine Belehrung, die kein 'Zwang zum Lernen' ist. Er fordert ein spielerisches Lernen, damit man sehen könne, 'wohin ein jeder von Natur sich neigt'. (zitiert nach Skiera, S. 31)
Aurelius Augustinus (384 - 430)
Er lehnt ebensowenig wie Platon die Rute als Zuchtmittel des Lehrers ab, weil sie dazu dient, den Menschen zu Gott zurückzuführen. "Schläge und Schule sind für Augustinus untrennbar miteinander verbunden." Er empfiehlt seine Theorie des zwangarmen Lernens nicht ausdrücklich, aber "die Intensität der Schilderungen seiner bedrückenden Erfahrungen und die Wärme, mit der er über das kindliche Lernen vor Eintritt in die Schule sprich, schließlich seine im Anschluss daran formulierte allgemeine Einsicht über die Bedeutung zwangfreien Lernens, den Schluss nahe, dass er seine Einlassungen - auch - als Kritik der Methoden in der Elementarschule verstanden wissen wollte." (Skiera, S. 32)
Erasmus von Rotterdam (1469 - 1536)
"Als Momente einer (künftigen) menschenfreundlichen Schule sind mit Erasmus folgende miteinander verknüpfte Ideen ausdrücklich oder der Sache nach bezeichnet oder weiterentwickelt:
- Freudiges Lernen ohne Furcht (bei, wo nötig, wohlwollendem Tadel);
- eine Lehrerautorität, die sich auf Liebe zur Sache, Menschenkenntnis und Verständnis für Kinder gründet, nicht auf den Gebrauch von Zwangsmitteln;
- ein Lernen aus Einsicht, aktive Verlebendigung der Inhalte (wieder die 'Tretmühle' und keine bloße Rezeptive Aneignung des fraglos gültigen Klassischen);
- ein mitmenschliches 'Lernklima' ein 'pädagogisches Verhältnis', das den Respekt vor der individuellen Anlage und der kindlichen Lebensart einschließt und die freie Zustimmung des Kindes sucht;
- ferner ein Gedanke, der das theologische und politischen Denken des Erasmus durchgängig bestimmt und der bei allen späteren Schulreformern wieder anklingt: nicht nur für das Heute zu erziehen, sondern auch für eine künftige bessere Welt und eine bessere Kirche, die eine katholische, ökumenische sein sollte." (Skiera, S. 35)
Comenius entwickelt aus seiner Erfahrung als Lehrer, Schulleiter und Lehrbuchautor das Konzept einer menschenfreundlichen Schule, "
- deren Außenbereich (Spielplatz und Garten) und Einrichtung die Kinder anzieht;
- in der gebildete, der Liebe fähige Lehrer unterrichten, die ihr methodisches Handwerk verstehen;
- in der ein Unterricht stattfindet, der jeweils der Fassungskraft des Kindes entspricht und der mehr auf die natürliche Neugier des Kindes und seinen Drang zur Selbst-Tätigkeit denn auf Furcht vor Strafe setzt;
- eine Schule, die dem kindlichen Bedürfnis nach Geselligkeit, Spiel und Bewegung entgegenkommt;
- in der ein Bewusstsein herrscht von der nachhaltigen Bedeutung frühen Lernens.
Zum eigentlichen Unterricht fordert Comenius:
- Die Forderung der Verbindung von Sach- und Sprachverständnis, 'damit wir sachlich verstehen und sprachlich ausdrücken lernen. Wir bilden Menschen und nicht Papageien.'
- Das Prinzip der Selbständigkeit (beim Erlernen der 'Künste'): 'Tätigkeit soll durch Tätigkeit gelernt werden'; Gebrauch der Werkzeuge ... mehr durch die Tat als durch Worte'; denn: 'fabricando fabricamur', in dem wir etwas gestalten, gestalten wir uns selbst.
- Das Prinzip der Anschauung (bei den Wissenschaften): 'Die Menschen müssen so viel wie möglich ihre Weisheit nicht aus Büchern schöpfen, sondern aus Himmel und Erde, aus Eichen und Buchen, d.h. sie müssen die Dinge selbst kennen und erforschen und nicht nur fremde Beobachtungen und Zeugnisse darüber.' 'Daher die goldene Regel für alle Lehrenden: Alles soll wo immer möglich den Sinnen vorgeführt werden, was sichtbar dem Gesicht, was hörbar dem Gehör, was riechbar dem Geruch, was schmeckbar dem Geschmack, was fühlbar dem Tastsinn. Und wenn etwas durch verschiedene Sinne aufgenommen werden kann, soll es den verschiedenen Sinnen zugleich vorgesetzt werden.'
- das Prinzip der Lebensnähe (bei den Wissenschaften): Alles was gelehrt wird, muss als etwas wirklich Gegenwärtiges gelehrt werden ... und deren wahre Kenntnis wahren Nutzen fürs Leben bringt. So wird sich der Verstand eifriger der Sache zuwenden ...' (Comenius, A.J.: Große Didaktik, übersetzt und herausgegeben von A. Flitner, Düsseldorf, München, 1970, zitiert nach Skiera, S. 38)
Quelle: Skiera, Ehrenhard: Reformpädagogik in Geschichte und Gegenwart, Hand- und Lehrbücher der Pädagogik, Oldenburg, 2003, ISBN 9783486274134
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