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Landerziehungsheim Walkemühle
- https://www.landerziehungsheim-walkemuehle.de Dr. Ralf Schaper, Uni Kassel
- o.A.: Adelshausen 1209 - 1959, Heimatgeschichte eines niederhessischen Dorfes, Herausgegeben von der Gemeindeverwaltung 1959
- Bertholet, Hanna: Gedanken über die Walkemühle. In: Erziehung und Politik, Erziehung und Politik, Frankfurt a.M. 1960
- Dehms, Alexander: Leonard Nelson und die 'Walkemühle' in: Eichler/Specht: Leonard Nelson zum Gedächtnis., S. 267
- Eichler, Willi und Minna Specht (Hrsg.): Leonard Nelson zum Gedächtnis. Herausgegeben von Willi Eichler und Minna Specht. Frankfurt a.M./ Göttingen 1953
- Gisselmann, Rudolf: Geschichten von der Walkemühle bei Melsungen in Nordhessen, Internetveröffentlichung: http://www.seeit.de/walkemuehle/index.shtml
- Noam, Lotte: Die Walkemühle. Ein pädagogischer Versuch Leonard Nelsons. Wissenschaftliche Hausarbeit für die erste Staatsprüfung. Hochschule für Erziehung, Frankfurt a.M., 9. 8. 1963
- Hansen-Schaberg, Inge: Minna Specht Eine Sozialistin in der Landerziehungsheimbewegung (1918 bis 1951), Untersuchung zur pädagogischen Biographie einer Reformpädagogin., Peter Lang Verlag, Frankfurt a.M. 1992
- Karstädt, Otto: Versuchsschule und Schulversuche, in: Handbuch der Pädagogik, Band IV, Langensalza, 1928
- Schmidt, Jacob H.: Freiheitspädagogik, Schulreform und Schulrevolution in Deutschland 1919 - 1933, Reinbek bei Hamburg 1973
- Skiera, Ehrenhard: Leonard Nelson, Minna Specht und das sozialistische Landerziehungsheim 'Walkemühle' in: Reformpädagogik in Geschichte und Gegewart, München, 2003, S. 180-183
- Wunder, Ludwig: Physik Der naturwissenschaftliche Unterricht auf der Grundlage des Arbeitsschulgedankens, herausgegeben von Prof. Dr. A. Probst, August Lar Verlagshandlung, Hildesheim und Leipzig 1914
- Ziechmann, Jürgen: Theorie und Praxis bei Leonard Nelson und seinem Bund, Bad Heilbrunn 1970
- Archiv d. Phil.-Pol. Akademie, Schilderung der Walkemühle von einem früheren Schüler, Willi Fuhrmann
- Sonderakten des Regierungspräsidenten zu Kassel betr. das Erziehungsheim Walkemühle, Kreis Melsungen, Band I (1924 - 1934) im Staatsarchiv Marburg, Bestand 166/6437
- Archiv d. Phil.-Pol. Akademie, Junge Menschen, Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben aus dem Geiste der jungen Generation, herausgegeben von Walter Hammer, 7. Jg. (1926), Heft 2
- Archiv d. Phil.-Pol. Akademie, Gustav Heckmann, Der Erzieher Minna Specht, Allgemeine deutsche Lehrerziehung, Sonderdruck, Nr. 8 vom 15.4.1961
- Archiv d. Phil.-Pol. Akademie, Schilderung der Walkemühle von einem früheren Schüler, Willi Fuhrmann
Das Landerziehungsheim Walkemühle liegt nahe (südöstlich von) Melsungen in Hessen auf einem Grundstück von ca. 25.000 m2 mit Bach und mehreren Gebäuden.
Walkemühle in Google Maps
1921 kaufte Ludwig Wunder, der vorher Schulleiter in Haubinda war, das Anwesen. Von Lietz trennte ihn Ansichten über die Selbstregierung und Freiheitsrechte der Jugendlichen.
Gleich nach dem Kauf ließ Ludwig Wunder eines der alten Fachwerkhäuser abreisen und einen Neubau errichten. Als ein Raum fertig war, begann er schon mit Kursen für Jugendliche. Er unterrichtete offensichtlich nach der sokratischen Methode (Nelson), denn die Dörfler hatten den Eindruck, der Lehrer sei vielleicht doch dümmer als sie. Der Lehrer beanspruchte auch keinen Respekt, sondern strebte ein gleichrangiges Verhältnis an: Kinder und Lehrer hatten die gleichen Rechte.
Ludwig Wunder begann noch im gleichen Jahr den Unterricht in der Walkemühle mit 10 Kindern.
Ludwig Wunder lernte Leonard Nelson wahrscheinlich schon 1917 kennen, als er noch bei Lietz arbeitete. 1922 ging Wunder wohl das Geld aus. Im Mai 1922 gab es ein Treffen zwischen Ludwig Wunder, Leonard Nelson und Minna Specht in der Walkemühle. Sie wurden sich einig, gemeinsam das Landerziehungsheim aufzubauen. Über die von Nelson gegründete 'Gesellschaft der Freunde der Philosophisch-Politischen Akademie' (GFA) wurde die Schule finanziert. Der Schweizer Roos und der Seifenfabrikant Wolf aus Schlüchtern gehörten zu den Hauptgeldgebern. Sie hatten keinerlei Einfluß auf die genaue Verwendung der Gelder. Leonard Nelson war Leiter der Akademie und hatte Entscheidungsbefugnis. Bis 1924 wurden 300.000,- Reichsmark ausgegeben.
1924 waren 2 Kinder im Alter von 2 und 5 Jahren, 2 Kinder im Alter von 6 und 8 Jahren (Adoptivkinder von Ludwig Wunder) und 8 Menschen im Alter von 17 (siebzehn) bis 40 (vierzig) Jahren (3 männl. u. 5 weibl.) und lernten in der Schule in der Walkemühle. Da nur 2 Kinder im schulpflichtigen Alter waren wurde Ludwig Wunder zunächst die Genehmigung für deren Unterricht untersagt, dann aber 'wegen eines besonderen pädagogischen Interesses für das Erziehungsheim Walkemühle vom Ministerium in Berlin genehmigt.
Neben dem Schulgebäude gab es eine Schmiedeesse, mechanische (Ventilatorgebläse, zwei Drehbänke, eine Schleifmaschine und eine Werkbank mit einigen Schraubstöcken und einen 2-PS-Elektromotor für die Maschinen) und eine Tischlerwerkstatt (eine Bandsäge, eine Hobelmaschine, eine Fräsmaschine, eine große Kreissäge, eine Langlochbohrmaschine, ein Leimofen, drei Hobelbänke. Drei Elektromotoren von zusammen elf PS sowie zwei Wasserturbinen). Das Physikzimmer ist Lehrzimmer und Schülerlaboratorium zugleich und nach modernen Gesichtspunkten ausgestattet: Zwei große Schalttafeln für hoch- und niedriggespannten Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom, sowie einer Akkumulatorenbatterie. Eine 2 PS Generatorenmaschine für Gleich-, Wechsel- und Drehstrom, zu Schaltungsversuchen.
Für Schüler gab es neun Arbeitsplätze mit Stromverteilungstafel für verschiedene Spannungen, Lichtbildapparat und Spiegelgalvanometer. Dazu Wasserleitung und Gasleitung (Gasolingas) gespeist wird, das in einem eigenen Gaserzeugungsapparat erzeugt wird. Alle vier Unterrichtsräume haben über eine Welle mit 4-PS-Motor und Riemenscheiben einen Antrieb für physikalische und chemische Apparate und Maschinen. Darüber hinaus gab es einen Biologie- und einen Zeichenraum.
Den Unterricht erteilen Minna Specht und Julie Pohlmann für die Vorschul und Grundschulkinder. Ludwig Wunder selbst unterrichtet Naturwissenschaften. Statt eines 'autoritären' Belehrens sollten die Schüler ddurch die sokratische Methode selbst in Stand gesetzt werden, durch eigene Erfahrung nachzuprüfen, ob ihre Urteile und Schlüsse richtig oder falsch sind.
Der Schulalltag begann für die jüngeren mit Sport (Dauerlauf), für die älteren mit Gartenarbeit vor dem Frühstück. Dann wurden die Zimmer gemacht. Ab 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr war für die Jüngeren Unterricht, dann gab es ein zweites Frühstück und anschließend Arbeiten in den Werkstätten. Die älteren hatten Naturwissenschaften und Mathematik, täglich 2 h Sport (Dauerlauf, Geräteturnen).
Nachmittags hatten die jüngeren Zeit zum spielen, turnen und zeichnen. 1 h für Schularbeiten. Die Großen waren zum Laboratorium, in die Werkstatt oder auch für Studien verplant.
Abendbrot gab es zwischen 19:15 - 20:15 Uhr. Die Abende destalteten sich in die 'Kapelle': zwei selbstgestaltete Abende mit Literatur, Musik und Theater - Kunstgenuß, Feier und Sammlung - die das bewußt einfach gestaltete Leben bereicherten, Diskussionsrunden (zwei Abende), eine gemeinschaftliche Aussprache und Einzelarbeit (zwei Abende).
In der Walkemühle sollten Kleinkinder bis hin zu Erwachsenen gemeinsam leben und arbeiten. Dabei sollte theoreisches und praktisches Arbeiten in sozialistischem Sinn miteinander verbunden, Haus- und Gartenarbeit als Gemeinschaftsaufgabe bewältigt werden. Statt Zensuren sollten sollten Prüfungstage stattfinden.
Im November 1924 kam es zum Streit zwischen Ludwig Wunder und Leonard Nelson Ludwig Wunder verließ die Walkemühle. Wahrscheinlich gab es Dif ferenzen zwischen Ludwig Wunder und Leonard Nelson als Geldgeber in politischer und religiöser Hinsicht. Ludwig Wunder ging. Minna Specht übernahm die Leitung. Sie versuchte die Konzeption Leonard Nelsons umzusetzen.
Ab 1924 wurde auch die Arbeit mit jungen Erwachsen begonnen, die bis 1931 auf ca. 30 'Schüler' anstieg. Die Erwachsenenabteilung wurde 1931 geschlossen, weil der Internationale Sozialistische Kampfbund alle Kräfte (die Schüler der Erwachsenenabteilung) für seinen Kampf gegen den Nationalsozialismus brauchte.
1933 waren 22 Schüler in der Walkemühle, als die Schule von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Sie wurde beschlagnahmt und diente als Gauführerschule.
Literatur:
Walkemühle in Google Maps
1921 kaufte Ludwig Wunder, der vorher Schulleiter in Haubinda war, das Anwesen. Von Lietz trennte ihn Ansichten über die Selbstregierung und Freiheitsrechte der Jugendlichen.
Gleich nach dem Kauf ließ Ludwig Wunder eines der alten Fachwerkhäuser abreisen und einen Neubau errichten. Als ein Raum fertig war, begann er schon mit Kursen für Jugendliche. Er unterrichtete offensichtlich nach der sokratischen Methode (Nelson), denn die Dörfler hatten den Eindruck, der Lehrer sei vielleicht doch dümmer als sie. Der Lehrer beanspruchte auch keinen Respekt, sondern strebte ein gleichrangiges Verhältnis an: Kinder und Lehrer hatten die gleichen Rechte.
Ludwig Wunder begann noch im gleichen Jahr den Unterricht in der Walkemühle mit 10 Kindern.
Ludwig Wunder lernte Leonard Nelson wahrscheinlich schon 1917 kennen, als er noch bei Lietz arbeitete. 1922 ging Wunder wohl das Geld aus. Im Mai 1922 gab es ein Treffen zwischen Ludwig Wunder, Leonard Nelson und Minna Specht in der Walkemühle. Sie wurden sich einig, gemeinsam das Landerziehungsheim aufzubauen. Über die von Nelson gegründete 'Gesellschaft der Freunde der Philosophisch-Politischen Akademie' (GFA) wurde die Schule finanziert. Der Schweizer Roos und der Seifenfabrikant Wolf aus Schlüchtern gehörten zu den Hauptgeldgebern. Sie hatten keinerlei Einfluß auf die genaue Verwendung der Gelder. Leonard Nelson war Leiter der Akademie und hatte Entscheidungsbefugnis. Bis 1924 wurden 300.000,- Reichsmark ausgegeben.
1924 waren 2 Kinder im Alter von 2 und 5 Jahren, 2 Kinder im Alter von 6 und 8 Jahren (Adoptivkinder von Ludwig Wunder) und 8 Menschen im Alter von 17 (siebzehn) bis 40 (vierzig) Jahren (3 männl. u. 5 weibl.) und lernten in der Schule in der Walkemühle. Da nur 2 Kinder im schulpflichtigen Alter waren wurde Ludwig Wunder zunächst die Genehmigung für deren Unterricht untersagt, dann aber 'wegen eines besonderen pädagogischen Interesses für das Erziehungsheim Walkemühle vom Ministerium in Berlin genehmigt.
Neben dem Schulgebäude gab es eine Schmiedeesse, mechanische (Ventilatorgebläse, zwei Drehbänke, eine Schleifmaschine und eine Werkbank mit einigen Schraubstöcken und einen 2-PS-Elektromotor für die Maschinen) und eine Tischlerwerkstatt (eine Bandsäge, eine Hobelmaschine, eine Fräsmaschine, eine große Kreissäge, eine Langlochbohrmaschine, ein Leimofen, drei Hobelbänke. Drei Elektromotoren von zusammen elf PS sowie zwei Wasserturbinen). Das Physikzimmer ist Lehrzimmer und Schülerlaboratorium zugleich und nach modernen Gesichtspunkten ausgestattet: Zwei große Schalttafeln für hoch- und niedriggespannten Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom, sowie einer Akkumulatorenbatterie. Eine 2 PS Generatorenmaschine für Gleich-, Wechsel- und Drehstrom, zu Schaltungsversuchen.
Für Schüler gab es neun Arbeitsplätze mit Stromverteilungstafel für verschiedene Spannungen, Lichtbildapparat und Spiegelgalvanometer. Dazu Wasserleitung und Gasleitung (Gasolingas) gespeist wird, das in einem eigenen Gaserzeugungsapparat erzeugt wird. Alle vier Unterrichtsräume haben über eine Welle mit 4-PS-Motor und Riemenscheiben einen Antrieb für physikalische und chemische Apparate und Maschinen. Darüber hinaus gab es einen Biologie- und einen Zeichenraum.
Den Unterricht erteilen Minna Specht und Julie Pohlmann für die Vorschul und Grundschulkinder. Ludwig Wunder selbst unterrichtet Naturwissenschaften. Statt eines 'autoritären' Belehrens sollten die Schüler ddurch die sokratische Methode selbst in Stand gesetzt werden, durch eigene Erfahrung nachzuprüfen, ob ihre Urteile und Schlüsse richtig oder falsch sind.
Der Schulalltag begann für die jüngeren mit Sport (Dauerlauf), für die älteren mit Gartenarbeit vor dem Frühstück. Dann wurden die Zimmer gemacht. Ab 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr war für die Jüngeren Unterricht, dann gab es ein zweites Frühstück und anschließend Arbeiten in den Werkstätten. Die älteren hatten Naturwissenschaften und Mathematik, täglich 2 h Sport (Dauerlauf, Geräteturnen).
Nachmittags hatten die jüngeren Zeit zum spielen, turnen und zeichnen. 1 h für Schularbeiten. Die Großen waren zum Laboratorium, in die Werkstatt oder auch für Studien verplant.
Abendbrot gab es zwischen 19:15 - 20:15 Uhr. Die Abende destalteten sich in die 'Kapelle': zwei selbstgestaltete Abende mit Literatur, Musik und Theater - Kunstgenuß, Feier und Sammlung - die das bewußt einfach gestaltete Leben bereicherten, Diskussionsrunden (zwei Abende), eine gemeinschaftliche Aussprache und Einzelarbeit (zwei Abende).
In der Walkemühle sollten Kleinkinder bis hin zu Erwachsenen gemeinsam leben und arbeiten. Dabei sollte theoreisches und praktisches Arbeiten in sozialistischem Sinn miteinander verbunden, Haus- und Gartenarbeit als Gemeinschaftsaufgabe bewältigt werden. Statt Zensuren sollten sollten Prüfungstage stattfinden.
Im November 1924 kam es zum Streit zwischen Ludwig Wunder und Leonard Nelson Ludwig Wunder verließ die Walkemühle. Wahrscheinlich gab es Dif ferenzen zwischen Ludwig Wunder und Leonard Nelson als Geldgeber in politischer und religiöser Hinsicht. Ludwig Wunder ging. Minna Specht übernahm die Leitung. Sie versuchte die Konzeption Leonard Nelsons umzusetzen.
Ab 1924 wurde auch die Arbeit mit jungen Erwachsen begonnen, die bis 1931 auf ca. 30 'Schüler' anstieg. Die Erwachsenenabteilung wurde 1931 geschlossen, weil der Internationale Sozialistische Kampfbund alle Kräfte (die Schüler der Erwachsenenabteilung) für seinen Kampf gegen den Nationalsozialismus brauchte.
1933 waren 22 Schüler in der Walkemühle, als die Schule von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Sie wurde beschlagnahmt und diente als Gauführerschule.
Literatur:
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