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Geschrieben von kmaria am 18.08.2011 um 16:57:

Bewertung / Bildungsplan

Hallo,

ich beschäftige mich momentan im Rahmen meiner Vorbereitung zum Staatsexeman mit dem Thema: Offener Unterricht.

Ich habe mich dabei insbesondere am Konzept Falko Peschels orientiert.

Mit dem Thema Leistungsbewertung und Bildungsplan habe ich jedoch Probleme.

Wie funktioniert die Leistungsbewertung bei Falko Peschel? -> spätestens ab der dritten Klasse müssen doch Noten gegeben werden -> anhand welcher Arbeiten der Kinder werden diese festgemacht (jedes Kind arbeitet ja individuell an seinem eigenen Thema, sodass einheitliche Tests unmöglich sind)

Wie wird sichergestellt, dass die Kinder am Ende der vierten Klasse alle die verbindlichen Basisfertigkeiten erlernt haben (wenn z.B. Kinder in den ersten zwei Jahren nur schreiben und nicht rechnen und dies zugelassen wird)?

Wie kann sichergestellt werden, dass der Bilungsplan und die darin benannten Kompetenzen für jedes Kind eingehalten und erfüllt werden?

Vielen Dank für eure Hilfe und viele Grüße,
Kerstin


Geschrieben von rumpel am 05.09.2011 um 07:52:

Fehler


Geschrieben von rumpel am 05.09.2011 um 07:52:

Hallo Kerstin, willkommen im Club, auch ich bin grad mit dem Staatsexamen und dem Offenen Unterricht beschäftigt.

"Wie wird sichergestellt, dass die Kinder am Ende der vierten Klasse alle die verbindlichen Basisfertigkeiten erlernt haben?"

Gegenfrage: Wie kann dies in geschlossenem Unterricht SICHER gestellt werden? Überhaupt nicht. Es wird dort zwar behandelt, aber an manchen Kindern geht es natürlich trotzdem vorbei.
Im Offenen Unterricht entwickeln die Kinder laut Peschel selbst den Ehgeiz das lernen zu wollen, was die anderen in der Klasse können (Lernen am Modell). Irgendwann will auch der mathematisch Interessierte schreiben lernen, denn er sieht es bei anderen.

"Wie funktioniert die Leistungsbewertung bei Falko Peschel?"

Noten muss es geben und gibt es natürlich auch. Auf die individuellen Leistungen der kids. Und Peschel verteilte da nicht nur Einser....


Geschrieben von Juergen am 11.09.2011 um 22:38:

Hi Kerstin,

dem Beitrag von Rumple möchte ich sehr zustimmen: Wie ist es denn in einer Regelschule sichergestellt, dass SchülerInnen am Ende der 4. Klasse welche Ziele auch immer erreicht haben?

Auch seine Antwort teile ich: Es wird gar nicht sichergestellt. Das Ergebnis ist wie es ist und die Leistungsstärksten haben sich durchgesetzt - so geht die Sage. Empirische Untersuchungen zeigen aber, dass es eben nicht so ist und dass vor allem auch soziale Gesichtspunkte für den Schulerfolg maßgeblich sind.

Wie funktioniert Leistungsbewertung bei Peschel? Peschel hat seinen Offenen Unterricht an einer Regelschule durchgeführt und in seiner Diss ausführlich beschrieben, wie sich die Kinder in den einzelnen Bereichen entwickelt haben. 'Offener Unterricht in der Evaluation.' (2006)

Aber er macht eben keine vergleichende Leistungsbewertung in der Klasse, sondern bewertet konsequent den individuellen Lernzuwachs.

Insofern 'verteilt' Peschel seine Noten auch nicht. Ist aber wirklich besser nachzulesen in den og. Büchern. Band 1 und Band 2 (hier im Band 2 finden sich seine Beschreibungen von seinem Unterricht und auch seine Untersuchungen in den einzelnen Bereichen, incl. der Leistungsentwicklung der Kinder.

Liebe Grüße

Jürgen

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Jürgen Göndör
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Geschrieben von Dirk am 19.10.2011 um 22:03:

Ich denke, dass man zum Thema Noten zwei Dinge für sich klären muss.

Erstens muss man schauen, was die Richtlinien tatsächlich vorschreiben. In RLP zum Bsp. kann man auch in Klasse 3 auf Noten verzichten, das wollen viele Lehrer aber nicht tun. Der Usus an Schulen spiegelt nicht unbedingt die tatsächlichen Möglichkeiten eines Lehrers wider.

Zweitens muss man für sich entscheiden, was man mit den Noten eigentlich bezwecken will. Hat man eine kritische Haltung dazu, dann kann man die Verteilung der Noten auch getrost dem Kollektiv der Klasse überlassen - die Ergebnisse müssen nicht zwangsläufig ungerechter sein, als Lehrernoten. Es müssten kann Kriterien ausgehandelt werden, anhand derer man die Noten für individuelle Arbeiten (Geschichten, Vorträge, etc.) gemeinsam einschätzt und abstimmt. Vermutlich ist es ein Lernprozess, solche Einschätzungen zunehmend treffend und gerecht, weniger sympathiebezogen als sachbezogen, vorzunehmen.

Gibt der Lehrer selber die Noten, zum Beispiel kurz vor dem Übergang zur Sek 1, so kann er seine Einschätzung mit Hilfe von standardisierten Tests machen, die bestimmte Kompetenzen testen. Zum Beispiel zur Rechtschreibentwicklung.

Man muss sich immer vor Augen halten, dass sozialer Vergleich schon sowieso da ist, dass Noten diesen Vergleich aber verschärfen und eine Hackordnung provozieren, Ängste hervorrufen und gelernte Hilflosigkeit erzeugen können, aber individuellen Kompetenzzuwachs nicht messen können (bzw. das könnten sie schon - großer Schritt =1, kleiner Schritt = 2 - Nur dann wäre das System "Noten" ad absurdum geführt. Sprich, man könnte dann auch gleich mit differenzierten Wortrückmeldungen arbeiten - was sowieso sinnvoller wäre)


Geschrieben von Juergen am 24.11.2011 um 14:15:

Speziell dazu bei Peschel im Kapitel 4.3.7 Die neue Rolle der Leistungsmessung - von der Kontrolle von oben zur Begleitung von unten.

Peschel schreibt, die Kinder würden durch das Vorstellen ihrer Arbeiten und das Reflektieren im Kreis ein sehr genaues Gefühl für die richtige Bewertung ihrer und der Leistung von anderen entwickeln, sowohl bezogen auf das Individuum als auch auf den 'Anspruch einer Leistungsnorm'. "Dabei ist allen klar, dass Leistungen nicht immer Höchstleistungen sein können und kein Kind trotzdem (bzw. gerade durch den Verzicht auf punktuelle Messungen) fair beurteilt werden kann." (S. 148)

Ein Kind, das etwas erarbeitet haben schätzt zuerst seine eigene Leistung ein, in dem es darüber reflektiert und eine Note formuliert. Dann kann es, wenn es das will, andere Kinder hören/drannehmen, die sich zu dieser Arbeit kritisch-konstruktiv äußern wollen. Abschließend gibt es eine Einschätzung durch alle Zuhörer. Diese ist meist so zutreffend, dass der Lehrer sie übernehmen kann.

Jedes halbe Jahr gibt es ein Gespräch, in dem sich Schüler und Lehrer gegenseitig ein Zeugnis (erst mündlich, dann schriftlich) ausstellen. Außerdem erstellt der Lehrer ein individuelles Lerngutachten auf Grund der Gespräche, seiner Notizen und evtl dem Gespräch mit Klassenkameraden.

Grundlage sind die täglichen Eigenproduktionen der Kinder, die den momentanen Leistungsstand als auch die Lernentwicklung dokumentieren.

Dazu gibt es noch die 'Überforderungstests', Aufgaben oder Aufgabenformate, die sich über die Jahre hinweg wiederholen. Dabei muss soviel Raum sein, dass sowohl für die schwächsten SchülerInnen als auch für die stärksten SchülerInnen eine differenzierte Diagnose des Leistungsstandes möglich ist. Mit Normtests kann eine "Einbettung der Ergebnisse in eine Umfassende Stichprobe" (S. 148) erzielt werden, so kann der Leistungsstand auf eine breitere Basis gestellt werden.

Zu den Leistungsmessungen in den verschiedenen Bereichen: Lesen/Rechtschreiben, Mathematik, Sachunterricht hat Peschel im Kapitel 5 jeweils Stellung genommen.

Peschel: OU in der Evaluation

Jürgen

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