"Wer nichts aus der Geschichte lernt,
ist verdammt dazu, sie zu wiederholen."
ist verdammt dazu, sie zu wiederholen."
Die Reformpädagogik, das Jahrhundert des Kindes, ist in der heutigen pädagogischen bzw. erziehungswissenschaftlichen Diskussion ein Stiefkind und führt ein Mauerblümchendasein. Seit der Bolognaprozess die Studieninhalte vergleichbar macht, wird diese Zeit im Namen der Qualität von Lehre im Wesentlichen nur noch unter historischen Perspektiven gehandelt. "Wir möchten einen Spiegel zum Auffangen und Vergleichen recht vieler Lösungsversuche bieten, überzeugt, daß in solchem Suchen die Erzieher aus allen Ländern und Sprachen sich bei aller Mannigfaltigkeit der Wege und Meinungen finden müssen in einer gemeinsamen Zielgebung. Dies immanente Ziel aller echten Pädagogik kann nur sein die Erweckung und Pflege der schöpferischen Seelenkräfte an Stelle der zerstörenden, lebensfeindlichen Triebe. Eine solche Erziehung wird in sich die Übung und Entfaltung von Gemeingeist, Friedfertigkeit und wechselseitiger Hilfe tragen, die zur Liebe und Ehrfurcht vor allem Lebendigen und der Heiligung des Lebens führen; zur Menschlichkeit in dem Sinne, in dem einst Herder sie und ihre letzte Formung im Solidaritätsgefühl der Völker zugleich als unterscheidendes Gepräge und Bestimmung der Menschheit erkannte." Elisabeth Rotten: Was wir wollen. In: Internationale Erziehungs-Rundschau 1 (1920), S. 1-2, S. 2. |
Die Internationale Erziehungs-Rundschau (Jahrgang 1920 als PDF) formulierte vor fast 90 Jahren in heute fremd klingender Sprache einen Kernpunkt erzieherisch-pädagogischen Denkens. Einen Standpunkt, der scharf zwischen lebendiger, lebensbejahender und starrer, bürokratischer und seelenloser Pädagogik unterschied.
Wichtiger gefragt: Bietet die heutige Schule Platz und Raum für die Neugier und das Lernen-wollen der Kinder? Haben diese eine reale Chance für ihr eigenes Leben zu lernen? Beschränkt nicht die Diktatur der MINT-Fächer eine umfassende Bildung?
Betrachtet man die heutige Gesellschaft auch als geprägt von Schule, als Ergebnis fremdbestimmten, vorgeschriebenen Lernens über 10 bis 13 Jahre, kommen einem Zweifel, ob denn dieses Schulsystem wirklich erfolgreich ist - wer das bejaht muss sich fragen lassen: In welcher Hinsicht erfolgreich? - oder ob nicht die real existierende Schule einen grundlegenden Webfehler hat.
Bemerkenswert ist auch, dass reformpädagogische Schulen damals in der Weimarer Republik meist gerade keine Schulen der Elite für die eigenen Kinder waren, dass Eltern ganz selbstverständlich Teil der Schulgemeinde waren, dass weder die Ausstattung der Schulen noch die Schulgebäude selbst besonderen qualitativen Ansprüchen genügten, sondern zum Teil von den Schülern selbst mit aufgebaut, renoviert und unterhalten wurden. Trotzdem oder gerade deshalb haben diese Schulen weltweit Aufmerksamkeit erregt. Trotzdem oder gerade deshalb sind die Kinder in diesen Schulen nicht verdummt.
Ist die Qualität von Schule und Hochschule heute nicht oft die Qualität des messbaren - der PC's, der Ausstattung, der Lehrerqualifikation, ... - statt der grundlegenden Bildung der Kinder? Produziert die Auslese der Besten nicht gleichzeitig auch immer mehr Menschen, die eben nicht auf dem Siegertreppchen stehen dürfen und können? Ist der Wahn: 'Noch schneller, noch höher, noch weiter!' und die Medaillenhascherei auch in der Erziehung angekommen. Hat der Ehrgeiz, weitere Einsteins auszubilden den Blick dafür vernagelt, dass jeder Mensch einzigartig und wichtig ist?
Viele Ideen und Gedanken der Reformpädagogik sind vor allem durch den zweiten Weltkrieg verschüttet worden und durch den späteren Focus auf Lernziele hat der Gedanke der Wirksamkeit einer präziesen Lehre erheblichen Auftrieb erhalten. Lehren und lernen wurde und wird gleichgesetzt. Aber wir wissen heute: Was und wie gelehrt und was und wie gelernt, das was in den Köpfen der Kinder ankommt, ist ganz unterschiedlich.
'Kinder sind anders' - diese Erkenntnis Montessoris ist heute wichtiger denn je.
Die Reformpädagogik hat das ganz konsequent in die Mitte ihres Denken und pädagogischen Handelns gestellt. Es gab auch Fehlentwicklungen und die Reformpädagogen waren natürlich Kinder ihrer Zeit. Daher kann reformpädagogisches Gedankengut nicht einfach übernommen werden, es muss mit Blick auf aktuelle Forschungsergebnisse übertragen werden, ohne dabei essentielle Merkmale zu verlieren:
Der Grundgedanke einer Pädagogik 'vom Kinde aus' hat jedoch nichts von seiner Brillanz verloren.
Es steht bisher noch aus, die 'Individualität des Kindes' wirklich 'radikal in den Mittelpunkt der Erziehungstheorie' zu stellen. Bisher verstellen politische Anschauungen, die Frage nach den Inhalten und daraus resultierend die Frage nach den Methoden diese Perspektive gründlich.
Die wirkliche Frage: 'Wie kann man es Kindern ermöglichen, sich alles das anzueignen, was ihnen aus ihrer Sicht hilft die Welt zu verstehen und ihr Leben darin so zu gestalten, daß sie in Würde, in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, leben können?' wird bisher nur in Ansätzen diskutiert.
- Auf der einen Seite die 'alte' Schule, die mit ihrer einseitigen Fixierung auf Inhalte und dem unbedingten Anspruch an Kinder mit Drill und Schlägen, zu lernen, was der Lehrer lehrte,
- auf der anderen Seite die 'neue Schule', die auf die Neugier und das Lernen-Wollen der Kinder setzte, auf einen Lehrplan verzichtete, mit der 'neuen Erziehung', die beste Bedingungen für ein natürliches Aufwachsen lassen, für ein freies Entfalten der Kinder.
Wichtiger gefragt: Bietet die heutige Schule Platz und Raum für die Neugier und das Lernen-wollen der Kinder? Haben diese eine reale Chance für ihr eigenes Leben zu lernen? Beschränkt nicht die Diktatur der MINT-Fächer eine umfassende Bildung?
Betrachtet man die heutige Gesellschaft auch als geprägt von Schule, als Ergebnis fremdbestimmten, vorgeschriebenen Lernens über 10 bis 13 Jahre, kommen einem Zweifel, ob denn dieses Schulsystem wirklich erfolgreich ist - wer das bejaht muss sich fragen lassen: In welcher Hinsicht erfolgreich? - oder ob nicht die real existierende Schule einen grundlegenden Webfehler hat.
Bemerkenswert ist auch, dass reformpädagogische Schulen damals in der Weimarer Republik meist gerade keine Schulen der Elite für die eigenen Kinder waren, dass Eltern ganz selbstverständlich Teil der Schulgemeinde waren, dass weder die Ausstattung der Schulen noch die Schulgebäude selbst besonderen qualitativen Ansprüchen genügten, sondern zum Teil von den Schülern selbst mit aufgebaut, renoviert und unterhalten wurden. Trotzdem oder gerade deshalb haben diese Schulen weltweit Aufmerksamkeit erregt. Trotzdem oder gerade deshalb sind die Kinder in diesen Schulen nicht verdummt.
Ist die Qualität von Schule und Hochschule heute nicht oft die Qualität des messbaren - der PC's, der Ausstattung, der Lehrerqualifikation, ... - statt der grundlegenden Bildung der Kinder? Produziert die Auslese der Besten nicht gleichzeitig auch immer mehr Menschen, die eben nicht auf dem Siegertreppchen stehen dürfen und können? Ist der Wahn: 'Noch schneller, noch höher, noch weiter!' und die Medaillenhascherei auch in der Erziehung angekommen. Hat der Ehrgeiz, weitere Einsteins auszubilden den Blick dafür vernagelt, dass jeder Mensch einzigartig und wichtig ist?
Viele Ideen und Gedanken der Reformpädagogik sind vor allem durch den zweiten Weltkrieg verschüttet worden und durch den späteren Focus auf Lernziele hat der Gedanke der Wirksamkeit einer präziesen Lehre erheblichen Auftrieb erhalten. Lehren und lernen wurde und wird gleichgesetzt. Aber wir wissen heute: Was und wie gelehrt und was und wie gelernt, das was in den Köpfen der Kinder ankommt, ist ganz unterschiedlich.
'Kinder sind anders' - diese Erkenntnis Montessoris ist heute wichtiger denn je.
Die Reformpädagogik hat das ganz konsequent in die Mitte ihres Denken und pädagogischen Handelns gestellt. Es gab auch Fehlentwicklungen und die Reformpädagogen waren natürlich Kinder ihrer Zeit. Daher kann reformpädagogisches Gedankengut nicht einfach übernommen werden, es muss mit Blick auf aktuelle Forschungsergebnisse übertragen werden, ohne dabei essentielle Merkmale zu verlieren:
Der Grundgedanke einer Pädagogik 'vom Kinde aus' hat jedoch nichts von seiner Brillanz verloren.
- Die eigene Erfahrung und die eigene Handlungen des Kindes sind Voraussetzung für nachhaltiges bzw. bedeutsames Lernen. Verstehen kann nicht nach Plan oder methodisch erzeugt werden. (z.B. Carl Götze, Hamburger Schulreformer, 1904)
- Das was ein Kind lernt, muss an seinen Interessen und Bedürfnissen orientiert und für das Kind in seiner aktuellen Lebenswelt brauchbar sein. Lernen erfolgt durch das Leben für das Leben durch das eigene Tun. (z.B. Célestin Freinet, französicher Reformpädagoge, ca. 1923)
- Der Schulalltag und Lernen soll demokratisch organisiert und so Modell für das spätere Leben in der Gesellschaft sein. (z.B. John Dewey, Laboratory School)
- Der Trennung von Lernen, Erziehung und Leben der Kinder muss überwunden werden. Schule muss der Ort sein, wo das Kind tatsächlich leben und lernen kann. (z.B. John Dewey, Laboratory School, 1905)
- Lernen kann nur individualisiert geschehen, in dem es der jeweils individuellen Entwicklung des Kindes folgt. Es muß den ganzen Menschen erfassen und auch musisches, künstlerisches, ästhetisches Lernen einschließen - muß Kopf, Herz und Hand umfassen. (Grundforderung der Reformpädagogik)
Es steht bisher noch aus, die 'Individualität des Kindes' wirklich 'radikal in den Mittelpunkt der Erziehungstheorie' zu stellen. Bisher verstellen politische Anschauungen, die Frage nach den Inhalten und daraus resultierend die Frage nach den Methoden diese Perspektive gründlich.
Die wirkliche Frage: 'Wie kann man es Kindern ermöglichen, sich alles das anzueignen, was ihnen aus ihrer Sicht hilft die Welt zu verstehen und ihr Leben darin so zu gestalten, daß sie in Würde, in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, leben können?' wird bisher nur in Ansätzen diskutiert.